Liebe Freunde, Bekannte und Wegbegleiter,
herzlich willkommen auf der dritten Etappe unseres gemeinsamen Weges durch die Heldenreise.
Ich liebe es, mein Inneres in Worte zu fassen, doch immer deutlicher erkenne ich, wie wenig fruchtbar es ist, persönliche Erkenntnisse und Einsichten mitteilen zu wollen.
Was auf der Erfahrungsebene erworben wurde, mag schön und einleuchtend klingen, wenn es erzählt wird. Doch die beschriebene Botschaft werden nur Jene verstehen, die ähnliche Einsichten gewonnen haben. Für diese Menschen allerdings mag es ein Genuss sein, ihr Empfinden in Worte gekleidet gespiegelt zu bekommen.
Ich denke hierbei an ein Erlebnis mit einer guten Freundin. Eine Frau, die ihr Leben Gott geweiht hat. Nein, sie ist keine Nonne. Sie ist praktizierende Christin. Ich erinnere mich an eines unserer Gespräche. Ich rieb mich an ihrer Auffassung, dass das Paradies etwas sei, in das wir eines Tages einkehren würden. Ich weiß nicht mehr, ob sie die Idee vertrat, wir müssten uns das Paradies verdienen. Doch in jedem Fall sah sie das Paradies getrennt von uns, getrennt vom Hier und Jetzt.
Ich sah sie ungläubig an. Ich bin keine Christin. Und doch hatte ich das Gefühl ich sah etwas, das ihr verborgen war. Was mich verblüffte. „Aber das Paradies ist hier“, sagte ich zu ihr. „Schau dich um. Wir sind mitten drin!“ Sie sah mich halb schmunzelnd, halb fragend an. „Wie… Du meinst diese Welt hier?“
„Ja genau. Wir sind mitten drin im Garten Eden“, antwortete ich.
„Aber wir wurden aus dem Paradies vertrieben…“, gab sie zu bedenken.
Bedauerlicher Weise war es mir trotz aller Worte nicht möglich, ihre Augen für meine Sichtweise zu öffnen.
Ich erzählte ihr, dass Gott (die Götter) in allem ist. Hier waren wir uns noch einig. Und WIR sind die Gärtner des Garten Eden. (Hier begann unser uneinig sein).
Der Mensch erlangte die Erkenntnis von Gut und Böse. Das heißt, er erkannte die Polarität, die aller Schöpfung innewohnt.
Und dank seines freien Willens hat der Mensch die Wahl, das göttliche Paradies in seiner Vollkommenheit zu sehen und zu pflegen, damit es zum Wohle aller gedeihe….
…Oder der Mensch wählt, seine Aufmerksamkeit auf vermeintliche Unvollkommenheiten (z. B. seine eigene Nacktheit) zu lenken. Dann wendet er sich vom Paradies ab und vergisst seinen Platz in der großen Ordnung. Er erkennt um sich herum überall vermeintlichen Mangel, beginnt zu optimieren, zu perfektionieren …. Und auf diesem Irrweg erschafft er dann das, was wir gerne Hölle nennen.
Ob dieses Leben ein Paradies oder eine Hölle für uns ist, hängt von unserer Haltung ab.
Das mag naiv und blauäugig klingen.
Wer tiefes Leid erlebt hat, es durchlebt hat, ahnt wovon ich spreche. Es waren die Stunden tiefen Leides, in denen ich mich im Anerkennen meiner menschlichen Grenzen an die Götter wandte und sie um Barmherzigkeit anflehte. Nicht, um mein Leid von mir zu nehmen. Nicht, um ein Wunder zu wirken. Nur damit sie mir die Kraft gäben und kleinste Hinweise, um meinen Weg weiter gehen zu können. Denn ich konnte weder den Weg sehen, noch fühlte ich die Kraft, um auch nur dem nächsten Tag begegnen zu können.
Die Götter sind barmherzig. Sie tragen dich nicht auf den Gipfel des Berges. Doch sie geben dir die Kraft für den nächsten Schritt und Hinweise, wo du deinen Fuß hinsetzen kannst.
In diesem Dialog aus kleinsten Schritten haben mich die Kräfte durch gravierende Veränderungen geführt.
Gott spricht durch seine Schöpfung mit uns. Alles, was wir zu tun haben, ist uns zu öffnen und zu lauschen. Ob Christ oder Schamane. Es bleibt derselbe Garten, dasselbe Paradies… und wenn wir es so entscheiden, dieselbe Hölle.
Jahre später fand meine Freundin, wovon ich ihr erzählt hatte. Sie hatte ihre eigene Erfahrung gehabt, hatte sich in eigenem Leid geöffnet. Und auch ihr Ruf wurde beantwortet. Auf einmal sah sie, dass unter der von Menschen geschaffenen Welt weiterhin der Garten Eden blüht. Mit sprechenden Tieren, heilenden Pflanzen, tröstenden Winden und einem Weg, der sich nur in kleinen Schritten unter unserem Fuße bildet, während wir voranschreiten.
Die Anleitung zu allem, was wir brauchen, umgibt uns. In tiefstem Leid und höchstem Glück können einige von uns ihren Blick öffnen. Doch in Wirklichkeit benötigen wir weder Glück noch Leid dazu.
Es reicht, in Demut unsere eigenen Grenzen anzuerkennen. Ohne Bedauern. Ohne Selbstmitleid. Ohne Scham. Ohne Angst.
Die Götter sprechen mit uns. Es liegt an uns, ob wir bereit sind, sie zu hören.